Nachwuchssuche per App: So sucht man beim Vliesstoffhersteller TWE nach Auszubildenden

2023-01-05 16:35:50 By : Mr. Robert Du

Eine Personalreferentin erzählt

Der Vliesstoffhersteller TWE aus Emsdetten versucht auf verschiedene Weise, Jugendliche für sich zu interessieren – auch über das Handy. Mit wenigen Klicks können sie sich bewerben, und das ohne nervigen Papierkram.

Emsdetten. Vor Kurzem saß Amelie Koch beim TWE-Azubi-Talk mit Spielern und Spielerinnen der B-Jugend des Fußballvereins Borussia Emsdetten zusammen – und machte eine interessante Erfahrung: „Beim Thema Ausbildung werden die Jugendlichen genau dann hellhörig, wenn es um konkrete Inhalte des Arbeitsalltags geht“, sagt die Personalreferentin. Sie kümmert sich seit Frühjahr 2021 beim Vliesstoff-Hersteller TWE am Standort Emsdetten um das Azubi-Marketing.

Themen auf den Punkt bringen, aufmerksam machen, authentisch rüberkommen – Koch und ihr Team aus Ausbildenden und engagierten TWE-Azubis setzen einiges in Bewegung, um an den begehrten Nachwuchs zu kommen. Mit einer regionalen Hauptschule und zukünftig einer Gesamtschule laufen Kooperationen, hinzu kommt die Zusammenarbeit mit dem Sportverein.

Die Nachwuchssuche startet auch online durch. Über die Bewerbungsseite des Unternehmens können sich Jugendliche online bewerben. Koch: „Die Seite ist Smartphone-optimiert. Eine Bewerbung für einen Ausbildungsplatz ist mit ganz wenigen Klicks möglich. Foto, Lebenslauf und Zeugnisse können abfotografiert und mit einem Klick hochgeladen werden.“

Die Personalexpertin weiß: Je niedriger die Hürden für eine Bewerbung sind, umso erfolgreicher ist das Angebot. Eine Erkenntnis, die sie aus der Arbeit im Azubi-Marketing ihres früheren Arbeitgebers Lufthansa Technik in Hamburg mitgenommen hat: „TWE ist aber eben nicht Lufthansa. Wir müssen als Vliesstoff-Hersteller viel mehr erklären, was wir konkret tun, wie wir produzieren und wo man unsere Produkte findet.“

Um sich so in den Köpfen potenzieller Bewerber zu verankern, bedarf es viel Aufklärungsarbeit. Und die muss glaubwürdig sein: „Es ist wichtig, den persönlichen Kontakt zu den Jugendlichen zu suchen und sie abzuholen.“ Deshalb gehen TWE-Lehrlinge auf die örtliche Azubi-Messe. „Aber besser packen kann man die Jugendlichen direkt in den Schulen – mit kleinen Gruppen und mehr Zeit“, sagt Koch. Dort stellt sich die Firma regelmäßig unter anderem mit einem Azubi-Wagen vor. Mit seiner Hilfe erklären Azubis aus der Instandhaltung, wie etwa ein Ketten- oder Riemenantrieb funktioniert – auf Augenhöhe mit den nur wenig jüngeren Schülern.

„Persönlicher Kontakt zu den Jugendlichen ist wichtig.“

Das Ergebnis kann sich sehen lassen: TWE hat bei knapp 300 Beschäftigten am Hauptsitz Emsdetten derzeit 26 Auszubildende, 17 davon im gewerblich-technischen Bereich. Dazu gehören auch Bertug Cetin und Shpejtim Gashi. Beide absolvieren eine Lehre zum Maschinen- und Anlagenführer mit der Fachrichtung Textiltechnik. Nach dem Bewerbungsgespräch haben beide zur Probe gearbeitet.

Damit stellt TWE sicher, dass die zukünftigen Azubis genau wissen, was sie in ihrem Ausbildungsberuf erwartet. Bei ihm habe sich so die Entscheidung für die Ausbildung nochmals gefestigt, sagt Bertug. „Man weiß, was auf einen zukommt“, ergänzt Kollege Shpejtim.

Doch wie bleibt man in den Köpfen der Azubis, wenn die Verträge unterschrieben sind? Denn die Wartezeit bis zum Ausbildungsbeginn kann durchaus lang sein. Um in Erinnerung zu bleiben, schickt die Firma auch Weihnachts- und Osterpakete an die künftigen Azubis, um so zur Bindung an das Unternehmen beizutragen.

Sind sie im Betrieb angekommen, lernen die „Neuen“ im „Youngsters-Network“, wie sie im Team mit Auszubildenden der anderen deutschen Standorte arbeiten und sich in Projekten vernetzen. Im letzten Jahr hat der Nachwuchs so eigenverantwortlich Kurz-Videos gedreht. Das Know-how könnte Koch bald für ein neues Projekt nutzen. Es geht um Bewegtbilder: „Wir wollen textile Ausbildungsberufe vorstellen, um so mehr Jugendliche für uns zu interessieren.“

Wie kamen Sie zu Ihrem Beruf?

Ich habe BWL und Management mit der Vertiefung Personal und Marketing studiert und war im Azubi-Marketing der Lufthansa Technik.

Was reizt Sie am meisten?

Jugendliche beim Berufsstart zu begleiten, ihre Entwicklung zu sehen und sie für unsere Produkte zu begeistern.

Anliegen glaubhaft rüberzubringen und auch ausgefallene Ideen umzusetzen.

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