Hier müssen Sie am Wochenende hin: Die Kulturtipps der Redaktion

2023-01-05 16:39:33 By : Mr. Sage Hu

Dieses Wochenende: Leuchtend bunte Mandalas vor dem Tresor, Sophie Rois in der Volksbühne und osmanische Stickereien im Pergamonmuseum.

Sophie Rois ist seit Beginn der Spielzeit wieder an der Volksbühne, hier aber noch nicht so richtig in Erscheinung getreten. Unter anderem sind alle Prater-Pläne, bei denen sie mitwirken sollte, zusammengebrochen, weil der Bau in der Kastanienallee einfach nicht fertig wird. Nun aber hat sie eine eigene Reihe kreiert und mit dem Titel „Deine Eltern“ versehen, der ihr zufolge gleich eine Trigger-Warnung enthält. Das junge Publikum der neuen Volksbühne soll wissen, dass es in dieser Reihe das Programm seiner Eltern zu erleben bekommt, der Generation, zu der sich Sophie Rois inzwischen zählt. Uns bringt sie auf die Idee, eine Generation zurück zu springen und eine Folge von Schlingensiefs „Talk 2000“ einzuspielen, in der Sophie Rois mit Hildegard Knef zusammenkommt, hier noch als künstlerische Tochter.

Nun erklärt sie im Radio: „Ich wollte ein eigenes Format erschaffen, sodass man sich nicht rechtfertigen muss, wenn man mal eine Ingeborg-Bachmann-Lesung macht, während sonst Genderfragen auf der Bühne diskutiert werden.“ Und genau das macht sie jetzt, eine Ingeborg-Bachmann-Lesung. Wir wissen, dass die Lesungen mit Sophie Rois vor Kraft, Hingabe und guter Laune nur so strotzen und dass sie, wie wir Eltern gern sagen: mehr rocken als zehn Inszenierungen aus der jungen Welt des gesellschaftlichen relevanten Beschwerde-, Diskurs- und Anklagetheaters. In der Einrichtung ihres Lebensgefährten Clemens Schönborn präsentiert Rois eine Erzählung aus dem Jahr 1961. Sie trägt den angemessen umfassenden Titel „Alles“. Ulrich Seidler

Sophie Rois liest „Alles“ von Ingeborg Bachmann in der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, 25. Dezember, 18 Uhr, Karten unter Tel.: 240 65 777 oder www.volksbuehne.berlin

Es muss ja nicht immer „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ sein und man muss auch nicht immer das Haus verlassen, um was zu erleben. Um den Defa-Film des Monats „König Drosselbart“ mit Manfred Krug in der Titelrolle muss man sich nicht mal von der Couch erheben, der MDR bringt ihn am 24. Dezember, der RBB am 27. Dezember. Die gehässige Prinzessin Roswitha spielt Karin Ugowski, sie lässt jeden potenziellen Ehemann abblitzen, bis ihr Vater die Geduld verliert und sie mit dem nächstbesten Bettler verheiratet. „Ach, ich armes Mädchen zart, hätt’ ich doch genommen den König Drosselbart“. Der nach dem gleichnamigen Märchen der Gebrüder Grimm realisierte Film wurde zwischen Dezember 1964 und Februar 1965 ausschließlich in den Babelsberger Studios gedreht, mit einer stilisierten, reduzierten Kulisse. Regie führte Walter Beck. Die Produktion wurde zum Publikumserfolg und zählt zu den besucherstärksten Defa-Filmen des Kinojahrs 1965 in der DDR. Wer mehr davon will: Mit „Der Prinz hinter den Sieben Meeren“ und „Der Bärenhäuter“ stehen zwei weitere Märchenfilme des Regisseurs in der Defa-Filmwelt auf YouTube zur Verfügung. Susanne Lenz

König Drosselbart. MDR, 24. Dezember, 15.05 Uhr, RBB, 27. Dezember, 10.30 Uhr

Granatapfel-Zwillinge und andere Schönheiten der Flora finden sich seit dem 16. Jahrhundert wie von weiblichen Zauberhänden auf Stoff gestickt. Einzigartig sind die Motive und exzellent der künstlerische Ausdruck, allesamt Oden an die Hervorbringungen der Natur. Und es war ganz besonders der Granatapfel, der in den Textil-Werken des Osmanischen Reiches zum Hauptmotiv wurde. Er hat seit alters her (auch in der griechischen und persischen Mythologie) vielfältige kulturell-religiöse Bedeutung, ist wegen der vielen Samenkerne Symbol für Leben, Schönheit und natürlich Fruchtbarkeit, aber auch für Macht, Blut und Tod.

Im Buchkunstkabinett des Pergamonmuseums breiten Mitarbeiter der Islamischen Sammlungen die berühmte Collection Borgs aus und geben Einblicke in einen Teilbereich der reichen Textiltradition des Osmanischen Reichs: Neben Teppichen und Geweben spielten die weniger bekannten Stickereien vor allem in häuslichen Kontexten der Städte eine große Rolle. Sie waren Teil der Aussteuer einer jeden jungen Frau und wurden, einem Schatz gleich, verwahrt. Mit kunstvoller Stickerei wurden noch bis zum 19. Jahrhundert auch profane Haushaltsdinge veredelt: Handtücher, Servietten, Gürteltücher.

In der Ausstellung wird auch sinnfällig, wie die Stickerinnen arbeiteten: Sie saßen vor rechteckigen und vierbeinigen Stickrahmen auf dem Boden. Besonders fein gewebte Stoffe aus Seide, Leinen und Baumwolle kamen zum Einsatz. Die mit Naturfarben gefärbten Stickfäden waren meist aus Seide, hinzu kam die Verwendung von Silber- oder Goldlahn. Meist wurde eine Bordüre an den Kurzseiten der Tücher bestickt, beide Seiten identisch. Motive, Muster und Techniken wurden über die Jahrhunderte weitergegeben. Wir sehen traditionelle Ornamentik, entdecken zugleich auch Moden und Trends, so gelangten im 18. Jahrhundert vermehrt europäische und chinesische Muster in die Stickereien, auch die Techniken wurden freier und raffinierter, entfernten sich vom osmanischen Hof-Stil. Ingeborg Ruthe

Pergamonmuseum, Buchkunstkabinett, bis 16. April 2023, Heiligabend geschlossen, Silvester 10–14, Neujahr 12–18 Uhr, ansonsten Di–So 10–18, Do bis 20 Uhr

Es ist grau in Berlin, aber nicht überall. Die 90 Meter lange Wand vor dem ehemaligen Heizkraftwerk an der Köpenicker Straße in Berlin-Mitte, das seit Jahren den Techno-Club Tresor beherbergt, schmücken seit kurzem hundert leuchtend bunte Mandalas, diese geometrischen Schaubilder, die im Hinduismus und Buddhismus eine religiöse Bedeutung besitzen und in der westlichen Welt häufig einfach zur Entspannung ausgemalt werden. Gestaltet hat sie Karlotta Ochs, eine 27 Jahre alte Frau, die, wie der Tresor Chef Dimitri Hegemann schreibt, schon seit über 10 Jahren an einer chronischen Erkrankung leidet. Das Gestalten der Mandalas, das Beschäftigen mit Farben und Formen ist für sie wie eine Art Trauerarbeit, sie gibt ihr Freude und das Gefühl der Selbstwirksamkeit. Susanne Lenz

Karlottas Mandalas sind bis zum 2. Januar zu sehen, Tresor, Köpenicker Str. 70